Universitätsprofessor Dr. Kevin Francesconi erforscht mit seiner Arbeitsgruppe "Umwelt- und Spurenanalytik" (USA) am Institut für Chemie der Karl-Franzens-Universität Graz seit Jahren die unterschiedlichen Arten von Arsen. Nun haben die WissenschafterInnen ein neues Arsen-Molekül entdeckt, das in hoher Konzentration in Fischölen vorkommt und - anders als die bisher bekannten unschädlichen Verbindungen - vom Körper umgewandelt wird. "Ob es auch giftig ist, wissen wir noch nicht", sagt Francesconi. Das werden weitere Untersuchungen zu klären haben. Fest steht: Die Entdeckung sorgt in der internationalen Fachwelt für Aufsehen.
2005 ist es den ChemikerInnen um Kevin Francesconi erstmals weltweit gelungen, öl-lösliche Arsen-Verbindungen zu messen. In der Folge haben die ForscherInnen diese genauer betrachtet. "Wir fanden in Fischölen erstmals eine öl-lösliche Verbindung, die vom menschlichen Körper aufgenommen und umgewandelt wird", berichtet Francesconi. "Dabei entsteht das gleiche Abbau-Produkt wie bei giftigen Arsen-Verbindungen, die unter anderem im Wasser vorkommen." Das heißt aber noch lange nicht, dass auch die kürzlich entdeckte Art für den Menschen schädlich ist, da man nicht genau weiß, was Arsen giftig macht.
Um mehr über die Wirkung der neuen Verbindung herauszufinden, werden an der Teikyo Universität in Japan Tests an Zellen durchgeführt, in Kooperation mit der Grazer Arbeitsgruppe.
Interessant sind die jüngsten Forschungsergebnisse aus Graz auch aus dem Grund, weil die untersuchten Fischöle als Nahrungsergänzungsmittel hoch im Kurs stehen. Denn ihre ungesättigten Fettsäuren gelten als gesundheitsfördernd und vorbeugend gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, da sie unter anderem dazu beitragen, das "schlechte" LDL-Cholesterin zu senken.
"Wir haben uns zehn verschiedene Fischöle angesehen, zwei davon im Detail - den vom Kabeljau stammenden Lebertran und das Öl der Lodde, auch Kapelan genannt, eines kleinen Fisches aus dem arktischen Ozean", erzählt der Forscher. "In beiden fanden wir Konzentrationen der neu entdeckten Verbindung von rund zehn Milligramm pro Kilogramm." Zum Vergleich: Der Grenzwert für Arsen in Lebensmitteln liegt zum Beispiel in Australien bei einem Milligramm pro Kilogramm. In Österreich gibt es, wie in den meisten Ländern, keinen solchen Grenzwert. Anders ist es für Arsen im Wasser: Hier hat die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Grenzwert von zehn Mikrogramm pro Liter - das ist ein Tausendstel der im Öl gefundenen Menge - festgelegt.
Johannes Pernsteiner von Pressetext Austria veröffentlicht hierzu:
Verdacht auf giftige Arsenverbindung im Fischöl
Bestätigung hätte Konsequenzen für einige Gesundheitsprodukte.
Graz (pte) - Erstmals wurde nachgewiesen, dass Fischöle in ihrer natürlichen Form hochkonzentriertes Arsen beinhalten. "Bisher nahm man an, dass Arsen im Fisch ungiftig ist. Doch nun wurde klar, dass diese Annahme zu wenig komplex ist", sagt Kevin Francesconi, Leiter der Arbeitsgruppe Umwelt- und Spurenanalytik an der Universität Graz, im Gespräch mit pressetext. Bestätigt sich die Gefährlichkeit der entdeckten öllöslichen Arsenverbindungen in Fischölen, wird dies Folgen für den Vertrieb zahlreicher Gesundheitsprodukte haben.
Fischöle stehen derzeit hoch im Kurs. Apotheken vertreiben sie als beliebte Nahrungsergänzungsmittel, da man den enthaltenen ungesättigten "Omega 3"-Fettsäuren nachsagt, dass sie Herz-Kreislauferkrankungen vorbeugen und schädliches Cholesterin senken. Das Arsen der Fischöle hielt man bisher für unbedenklich, da man annahm, dass es vom Körper nicht aufgenommen werde. Mit Hilfe der Massenspektrometrie gelang es Francesconi, im Fischöl öllösliche Arsenmoleküle nachzuweisen, die der Körper doch umwandelt.
Francesconi entdeckte die öllöslichen Arsenverbindungen 2005. Sie erzeugen beim Abbau dasselbe Produkt wie giftige Arsenverbindungen, die auch im Wasser vorkommen. Da jedoch bisher nicht bekannt ist, was genau Arsen giftig macht, sind Aussagen über die Gefährlichkeit der entdeckten Verbindungen noch verfrüht. Die Teikyo Universität in Japan untersucht derzeit in Zelltests die Wirkung der Substanzen auf den Körper. Francesconi rechnet damit, dass seine Kooperationspartner erste Ergebnisse in etwa sechs Monaten präsentieren werden. "Falls sich die toxische Wirkung bestätigt, werden die Fischölpräparate wohl aus dem Handel verschwinden müssen", deutet der Arsenspezialist mögliche Konsequenzen seiner Entdeckung an.
Lebertran, das vom Kabeljau gewonnen wird, sowie Öl der Lotte, einem weiteren Hochseefisch, sind die beiden von Francesconi untersuchten Fischöle. "In beiden fanden wir Konzentrationen der neu entdeckten Verbindung von rund zehn Milligramm pro Kilogramm", berichtet der Grazer Forscher. Das ist etwa zehnmal höher als die in Australien erlaubte Arsenmenge in Lebensmitteln und tausendmal höher als der von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgesetzte Grenzwert für Wasser. Grenzwerte für Lebensmittel gibt es in den meisten Ländern aufgrund des geringen Fischkonsums bisher nicht. Francesconi hält die baldige Einführung solcher Grenzwerte in der EU für sehr wahrscheinlich, sollte sich die Arsenverbindung als gefährlich erweisen. Die vielen Erscheinungsformen von Arsen erforderten jedoch die Schaffung gleich mehrerer solcher Grenzwerte.
Zusatzinformationen:
Alice Rumpler, Dr. John S. Edmonds, Mariko Katsu, Dr. Kenneth B. Jensen, Dr. Walter Goessler, Dr. Georg Raber, Dr. Helga Gunnlaugsdottir, Prof. Dr. Kevin A. Francesconi:
Arsenic-Containing Long-Chain Fatty Acids in Cod-Liver Oil: A Result of Biosynthetic Infidelity?.
In: Angewandte Chemie International Edition; erschienen im März 2008, DOI 10.1002/anie.200705405
Ernst Schmeisser, Alice Rumpler, Dr. Manfred Kollroser, Dr. Gerald Rechberger, Dr. Walter Goessler, Prof. Dr. Kevin A. Francesconi:
Arsenic Fatty Acids Are Human Urinary Metabolites of Arsenolipids Present in Cod Liver.
In: Angewandte Chemie International Edition; erschienen am 14. Dezember 2005, DOI 10.1002/anie.200502706
Quelle: Karl-Franzens-Universität, Graz, Österreich
Aktualisiert am 21.10.2008.
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